Wie Klimaneutralität gelingt: 14 Kernbotschaften
Wie Klimaneutralität gelingt: 14 Kernbotschaften

Wie Klimaneutralität gelingt: 14 Kernbotschaften

Wie kann Klimaneutralität gelingen?

In einem gemeinsamen Positionspapier formulieren die Akademie der Wissenschaften Leopoldina und der Rat für nachhaltige Entwicklung (RNE) 14 Kernbotschaften.

Klar ist, dass sich unsere Wirtschafts- und Lebensweise ändern muss, wollen wir die Klimakrise erfolgreich bewältigen. Doch wie kann der Weg zur Klimaneutralität gelingen?

„Für eine echte Transformation ist eine ganz andere Dimension des Handelns nötig. Zur Erreichung von Klimaneutralität ist es notwendig, fundamental umzusteuern“, so Dr. Werner Schnappauf, Vorsitzender des RNE.

Die Forschenden verweisen dabei insbesondere auf die Notwendigkeit systemisch zu handeln. Das bedeutet, sektorübergreifende Maßnahmen anzugehen, die das komplexe Zusammenspiel zwischen dem Menschen und seiner Umwelt berücksichtigen. Und die Prinzipien der Vermeidung, Verringerung und Effizienzsteigerung konsequent anwenden. Dabei spielen Ressourcen- und Endenergieverbrauch eine entscheidende Rolle.

Das Handeln der Menschheit destabilisiert das Erdsystem auf eine Weise, welche die Existenz und die Chancen der heutigen und der kommenden Generationen sowie die Vielfalt des Lebens auf der Erde bedroht.

Zitat aus dem Positionspapier

Die Zeit drängt. Schon jetzt hat sich unser Planet um 1,2°C erwärmt. Ohne fundamentale Änderungen wird unser CO2-Budget zur Einhaltung des 1,5°C-Ziels bereits vor 2030 aufgebraucht sein. Es gilt schnell zu handeln, damit irreversible Kipppunkte das Klima nicht weiter destabilisieren. Dies betrifft beispielsweise Korallenriffe, Eisschilde, Permafrostböden und den Regenwald.

Die 14 Kernbotschaften des Positionspapiers

  1. Starke Allianzen und globale Partnerschaften vorantreiben
    Wir brauchen internationale Allianzen und Klimapartnerschaften, um beispielsweise natürliche CO2-Senken zu schützen oder Energiehandelsbeziehungen zu transformieren oder neu zu gründen. Ein Green Climate Fund soll als zentrales Instrument den Ländern des globalen Südens Handlungsspielräume für Klimapolitik einräumen. Auch Schuldenerlasse sind in diesem Zusammenhang wichtig.
  2. Den European Green Deal und das neue Klimaziel in den gesamten Rechtsrahmen einweben
    Das Ziel der Europäischen Union, bis 2030 die CO2-Emissionen gegenüber 1990 um 65% zu reduzieren, muss durch zeitnah wirksame Maßnahmen gestärkt werden. Klimaneutralität muss zum Ziel aller Sektoren werden.
  3. So viel Markt wie möglich zulassen, so viel Regulierung wie nötig einsetzen
    Ein Leitinstrument auf dem Weg zur Klimaneutralität ist der CO2-Emisionshandel. Dabei wird die Gesamtmenge der Emissionen zunehmend verknappt, um so ökonomische Anreize für klimafreundliches Verhalten und klimafreundliche Produkte zu schaffen. Ein regulatorischer Rahmen in Form von Förder- (Pull-Prinzip) und Ordnungspolitik (Push-Prinzip) schafft dabei faire Wettbewerbsbedingungen. Die zu erwartende zusätzliche Belastung einkommensschwacher Haushalte ist durch den Staat zu kompensieren.
  4. Akzeptanz schaffen und das Engagement von Bürger:innen sowie Kommunen für Klimaneutralität fördern
    Die gesellschaftliche Akzeptanz der Transformation ist von großer Bedeutung. Hier können „Pioniere des Wandels“ helfen, beispielsweise Energiegenossenschaften. Zudem muss Klimaschutz als Aufgabe kommunaler Daseinsvorsorge verstanden und gesetzlich verankert werden.
  5. Strukturwandel sozial ausgewogen gestalten und globale „Just Transition“ stärken
    Viele Maßnahmen zur Klimaneutralität bieten die Chance, gleichzeitig soziale Ungleichheit zu verringern. Dieses Synergiepotential muss gehoben werden, indem soziale Aspekte, Gesundheit, Mobilität, zukünftiges Arbeiten und Wohnen sowie die Verteilungswirkung von Anfang an mitgedacht werden.
  6. Restrukturierung und Umbau des Energiesystems forcieren
    Das globale Energiesystem muss radikal restrukturiert werden. Das bedeutet nicht nur den massiven Ausbau erneuerbarer Energien, sondern auch, dass Effizienz- und Vermeidungspotentiale gehoben werden. Auch die zunehmende Elektrifizierung von Prozessen und der Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft spielen eine Rolle. Günstiger grüner Strom soll die Transformation voranbringen.
  7. Transformativen Wandel der Industrie beschleunigen
    Re-Investitionszyklen bieten die Chance, die Weichen in Richtung Klimaneutralität zu stellen. Unmittelbares Handeln, kombiniert mit langfristigen Roadmaps stellen die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie sicher.
  8. Transformativen Wandel bei Mobilität, Gebäuden und Landnutzung vorantreiben
    Die Mobilität von morgen ist intermodal (Nutzung verschiedener Verkehrsmittel auf einem Weg) und nutzt alternative Antriebe. Beim Wohnen ist die Renovierungsrate mindestens zu verdoppeln. In der Landwirtschaft geht es um die Stärkung biologischer Anbauprinzipien, die Vernässung von Mooren und die Verringerung von Stickstoffüberschüssen. Natürliche CO2-Speicher sind zu schützen oder wiederherzustellen.
  9. Investitionspfade zur Realisierung des Pariser Übereinkommens definieren
    Deutschland hat einen Investitionsbedarf von bis zu sechs Billionen Euro bis 2050. Über 80% dieser Investitionen werden sowieso getätigt – hier muss lediglich sichergestellt werden, dass das Geld im Einklang mit dem Ziel der Klimaneutralität investiert wird. Die zusätzlichen Investitionen sind für saubere Technologien einzusetzen.
  10. Wettbewerbsfähigkeit der Industrie mit klimafreundlichen Innovationsmärkten stärken
    Noch haben Deutschland und Europa die Chance, ihre Technologieführerschaft gegenüber China und den USA zu nutzen, um neue Innovationsmärkte in den Bereichen Kreislaufwirtschaft, Energie-, Ernährungs- und Transportsysteme zu erschließen. Das schafft neue Arbeitsplätze.
  11. Übergang zu einer klimafreundlichen Circular Economy einleiten
    Das Mining von Rohstoffen ist nicht nur für einen erheblichen Teil unserer CO2-Emissionen verantwortlich, sondern auch für einen Großteil der Biodiversitätsverluste. Stoffkreisläufe müssen geschlossen werden, vom Design bis zur Wiederverwertung. Deutschland braucht eine Circular Ecomony Strategie mit dem Ziel, den absoluten Ressourcen- und Energieverbrauch zu senken.
  12. Vorausschauende Investitionen in Infrastruktur der Zukunft deutlich beschleunigen
    Egal, ob es um Übertragungs- und Verteilnetze, Speicher für grünen Strom oder den Transport und die Speicherung von grünem Wasserstoff geht – hier fehlt es aktuell an Infrastruktur, deren Ausbau Politik, Verwaltungen und Gerichte zügig vortreiben müssen.
  13. Bildung, Forschung und Entwicklung richtig positionieren
    Forschung und Entwicklung kommt eine wichtige Aufgabe zu – dazu müssen sie interdisziplinär aufgestellt und in der Lage sein, ihr Wissen handlungsorientiert zu vermitteln. Flächendeckende Umschulungsprogramme sichern den Wirtschaftsstandort Deutschland.
  14. Innovative Finanzierungslösungen für eine transformative Klimastrategie umsetzen
    Der Abbau staatlicher Finanzierung fossiler Energieträger sollte ergänzt werden durch die Mobilisierung privaten Kapitals in großem Umfang, seien es Kapitalanlagen von Versicherungen, Pensionskassen oder Wagniskapital. Hier braucht es Anreize zur klimafreundlichen Investition.

Fazit

Zusammenfassend lassen sich die Kernbotschaften immer wieder auf den gleichen Nenner bringen: Um der Klimaneutralität näher zu kommen, müssen wir

  • Systemisch, d.h. sektorübergreifend, denken und handeln.
  • Unseren Ressourcen- und Energieverbrauch reduzieren, wo möglich.
  • Die Kräfte des Marktes nutzen, diese jedoch durch Fördermaßnahmen und Verbote ergänzen.
  • Private Finanzmittel umlenken und gleichzeitig klimaschädliche Subventionen abbauen.

Und vor allem: Je eher wir mit der Transformation beginnen, desto besser wird sie uns gelingen.

Quelle: Positionspapier